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Grabpflegekosten der Beerdigung?

Selma F. hat am 31.01.2021 ihren Ehemann beerdigt. Dieser hatte mit Selma ein sogenanntes Berliner Testament errichtet, mit dem geregelt war, dass der Längerlebende den zu erstversterbenden Ehepartner alleine beerbt. Als Schlusserben setzten sie ihre Tochter Carla ein. Der Sohn Klaus hatte den Kontakt zu den Eltern bereits etliche Jahre vorher vollständig abgebrochen und sollte nur den Pflichtteil erhalten, wenn er ihn geltend macht. Es dauerte nicht lange, bis er über einen Anwalt gegenüber seiner Mutter Selma Pflichtteilsansprüche geltend machte.

Aus dieser Situation hieraus stellte sich die Frage, ob die vom Verstorbenen in seinem Testament ausdrücklich verfügte Klausel, dass aus seinem Nachlass vorab die Grabpflege für 20 Jahre zu bezahlen ist, bei der Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigen ist. Hier kam es zu unterschiedlichen Rechtsmeinungen zwischen Selma und Klaus.

Selma vertrat die Auffassung, ihr Mann habe in seinem Testament ausdrücklich die Grabpflege angeordnet, eine Auflage an die sie sich halte und diese sei dann bei den Pflichtteilsansprüchen von Klaus auch zuvor in Abzug zu bringen. Klaus wiederum, beraten durch einen Fachanwalt für Erbrecht wies darauf hin, dass Grabpflegekosten nicht zu den Beerdigungskosten hinzuzurechnen sind, folglich auch keine Kosten des Nachlasses sind, auch dann nicht, wenn der Erblasser dies ausdrücklichem in seinem Testament so gewollt hat.

Selma argumentierte, dass die Friedhofssatzung sogar ausdrücklich eine Dauergrabpflege vorschreibe. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem neuesten Urteil vom 26.05.2021 zu diesen Fragen noch einmal seine seit langem bestehende Rechtsauffassung erneuert. Selbst eine Auflage des Erblassers greift danach nicht in das Pflichtteilsrecht ein. Der Pflichtteilsanspruch sei gegenüber allen Ansprüchen aus Auflagen und Vermächtnissen vorrangig. Selbst dann, wenn die Friedhofssatzung eine Grabpflege verlange, sei dies eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung und keine erbrechtliche Verpflichtung. Die Grabpflege sei eine moralische Pflicht innerhalb der Familie oder zwischen Erben und Erblasser, die aber keinen Einfluss auf den Pflichtteil haben darf, so der BGH.

Folglich muss sich Selma den Argumenten von Klaus geschlagen geben und die Grabpflegekosten von immerhin 8.000,00 € nicht pflichtteilsmindernd in das Reinnachlassvermögen einsetzen.

Der Saarbrücker Fachanwalt für Erbrecht Marwin H. Roth weist auf diese Rechtslage ausdrücklich hin. Der einzige Fall, in dem die Dauergrabpflegekosten eines Grabes wirklich Ausgabenwirksam auch bei Pflichtteilsansprüchen angesetzt werden können ist der Fall, dass der Erblasser selbst zu seinen Lebzeiten einen Dauergrabpflegevertrag für sein Grab bereits vertraglich geregelt hat. Dann hat er selbst unter der Bedingung seines Todes diese Zahlungsverpflichtung für den Erben ausgelöst. Damit wird der Dauergrabpflegeaufwand den Nachlasskosten zugeschlagen.

Die vom Erben bereits eingegangene vertragliche Verpflichtung löst immer eine Berücksichtigung bei den Nachlassaufwendungen aus.

Daher sollten auch diese Überlegungen bei testamentarischen Planungen eine Rolle spielen, d.h. zwischen Fachanwaltsratgeber und dem späteren Erblasser bei der Testamentserstellung über Vor- und Nachteile einer solchen Dauergrabpflegeregelung zu Lebzeiten sprechen.

mitgeteilt durch Rechtsanwalt Marwin H. Roth, Fachanwalt für Erbrecht in Saarbrücken

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