Das OLG München hat mit Beschluss vom 07.04.2021 (31 WX 108/21) entschieden, dass in wenigen Ausnahmen auch die Kopie eines gemeinschaftlichen Testaments von Ehegatten, wenn das Original verloren gegangen ist, vom Nachlassgericht eröffnet werden kann und zur Grundlage der erbrechtlichen Behandlung (Erbscheinverfahren) gemacht werden kann.
Letztlich gilt natürlich, dass grundsätzlich nur das Original einer letztwilligen Verfügung, die sogenannte „Urschrift“, nicht aber eine einfache Kopie, die Erbfolge beweisen kann und folglich auch nur ein solches Original vom Nachlassgericht eröffnet werden darf. Ist jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen das Original des Testaments abhandengekommen, üblicherweise dadurch dass eine unberechtigte Person dieses vernichtet hat, existiert aber eine gute Kopie einer solchen letztwilligen Verfügung, kann ausnahmsweise auch einmal diese Kopie zur Regelung der Erbfolge herangezogen werden.
Im konkreten Fall gab es wohl mehrere Testamente. Das wohl maßgebliche letzte Testament, welches der Erblasser vor seinem Ableben verfasst hatte, war im Original nicht mehr vorhanden, ohne dass es irgend einen Hinweis darauf gab, dass der Erblasser selbst dieses Testament widerrufen hat, nicht mehr wollte, dass es Gültigkeit behält, beispielsweise dadurch, dass er es zerrissen oder vernichtet hat. Der Grundsatz, dass immer und grundsätzlich das Original eines Testaments eröffnet werden muss und nicht eine Kopie kann in besonderen Einzelfällen, denen dann natürlich auch das Nachlassgericht von Amts wegen nachgehen muss, beispielsweise Auskünfte aus der näheren Umgebung des Erblassers eingeholt werden, gegebenenfalls Personen und Zeugen vernommen werden, die Kopie eines verloren gegangenen Testaments eröffnet und damit auch zugrunde gelegt werden.
Im konkreten Fall war dies der Gegenstand der Entscheidung des Oberlandesgerichts München. Zuvor hatte das Nachlassgericht Augsburg diese Meinung vertreten und die Kopie dieses Testaments eröffnet. Das Oberlandesgericht musste dann über eine Beschwerde wegen dieser Verfahrensweise entscheiden und hat die Beschwerde zurückgewiesen und damit die Vorgehensweise des Amtsgerichts Augsburg gebilligt.
Anmerkung:
Man darf sich natürlich nicht darauf verlassen, dass bei nicht mehr vorhandenem Originaltestament man mit einer Kopie den Erbnachweis führen kann. Dies wird immer eine absolute Ausnahme bleiben, bei der auch vorab die tatsächlichen Umstände und Verhältnisse geklärt werden müssen. Schließlich ist nicht auszuschließen, dass ein Erblasser, ohne mit einem anderen darüber gesprochen zu haben, das von ihm selbst geschriebene Testament durch zerreißen vernichtet und dann wegwirft. Dann wäre ja ein eindeutiger Wille vorhanden gewesen, dass das Testament nicht mehr gilt. Dies müsste dann vom Nachlassgericht vorab aufgeklärt werden.
Marwin H. Roth, Fachanwalt für Erbrecht, Saarbrücken